Adventskalender – Tag 16

24 Tage

bis

zur Entscheidung

 

Tag 16

Gestern waren wir bei Paulus und Sarah. Ich wusste gar nicht, dass ihr Vater eine Jagdhütte im Wald hatte. Irgendwie war es unheimlich. Zum Glück war Jakob mit dabei. Ich wäre nie alleine dort hingefahren. Es standen so viele Tannenbäume um die Hütte. Ob Sarahs Vater die auch als Weihnachtsbäume verkauft? Ich wusste ja, dass ihr Vater ein Waldstück besitzt, aber das dort so viele Tannen standen, wusste ich nicht. Links neben der Hütte stand ein Hochsitz. Er hat wohl die besten Tage hinter sich. Geht einer eigentlich aus ihrer Familie zur Jagd? Sarah sagte, es wäre die Jagdhütte ihres Vater. Ich sitze hier jetzt im Büro und arbeite schon mal die Unterlagen durch, um die mich Paulus heute Morgen telefonisch gebeten hat. Sarah hat einen Tag Urlaub genommen. Paulus ist noch unterwegs und Jakob? Keine Ahnung, wo der steckt. Seit   Abend habe ich ihn nicht gesehen. Habe ich ihn gekränkt, weil ich alleine sein wollte? Es war für mich ein Schock, mich so zu sehen. Wann kann das gewesen sein? Silvester vor ungefähr zwei Jahren? An den Tag bin ich das erste Mal mit zu einer Silvesterparty von Sarah gegangen. Ich kannte die Leute nicht, aber es war witzig. Irgendwann hatte ich ein Blackout. Das Paulus und Sarah sich an den Abend näher gekommen sind, ist mir total neu. Sarah war wohl genauso verpeilt wie ich, oder? Sie war genauso erschrocken wie ich. Aber was hatten wir da an? Normalerweise habe ich so etwas gar nicht im Schrank. Oder es sind Fake-Fotos. Jakob kommt nachdenklich rein. Ohne Worte geht er in sein Büro. Was ist denn mit den los? Ich stehe auf und klopfe kurz an. Es kommt kein Herein von ihn. Also drücke ich auf die Klinke und öffne die Tür. Er starrt mich irritiert an und findet dann wohl seine Sprache wieder.

„Moin Florentine! Ist was besonders?“

„Nein, du bist nur an mir vorbei geschlichen und hast mich nicht beachtet. Hast du was von Johannes rausbekommen?“

„Er meinte, es bestimmt Fake-Fotos. Johannes kann ich nicht mehr an den Abend erinnern.“

„Geht mir genauso. Wo war das überhaupt? Vor zwei Jahren war ich mir Sarah auf einer großen Party, aber sonst war es mehr ein Sit in.“

„Ich denke, es war auf der Silvesterparty. Aber das Kleid sah rattenscharf an dir aus. Führst du es mir noch einmal vor?“

„Jakob?“

„Ja?“

„Ich habe so ein Kleid nicht im Kleiderschrank.“

„Nicht? Na gut, dann legt dir so ein Kleid zu. Wir gehen auf eine Party.“

„Wir beide?“

„Nein, wir vier!“

„Paulus und Sarah kommen auch mich?“, sage ich enttäuscht.

„Ja, sie haben das gleiche Problem wie wir. Sorry, wie Johannes und du, wollte ich sagen.“

„Wenn es die Fotos keine Fakes sind, heißt es dann….“

„Das weiß ich nicht. Sag du es mir? Ich bin da nicht drauf“, erwidert er und hebt die Hände.

Da hat Jakob recht. Ihn geht das hier nichts an.

„Darf ich dich mal was fragen?“

„Ja!“

„Hat sich Johannes dazu geäußert?“

„Er meinte nur, wenn so ist, dann ist es so.“

„Was heißt das?“

„Dann bist du seine Frau, aber ihn wäre es lieber gewesen, er hätte es mitbekommen.“

„Du hast recht. Es wäre ihn höchstwahrscheinlich unangenehm und dann das noch mit mir. Johannes hätte sich dagegen entschieden. So eine wie ich. Wir wären dann nicht….. .“

Jakob unterbricht mich.

„Florentine, du siehst das falsch?“

„Ich sehe das falsch. Das Foto wäre eindeutig.“

„Johannes wollte damit ausdrücken. Es wäre ihn eine Ehre gewesen, wenn er es wirklich mit erlebt hätte. Und du? Was hältst du davon, wenn es so gewesen wäre?“

Oh Shit! Jetzt muss ich meine Meinung sagen.

„Ganz ehrlich?“

„Ja!“

„Da hätte ich gesagt, Wow! Mein Traum wird Realität. Aber es ist ja nicht so?“

„Nein, aber wenn es so wäre? Hättest du es getan?“

Ich bin einer Zwickmühle. Hätte ich es getan? Zu den Zeitpunkt schon, aber heute eher nicht.

„Du grübelst. Ich nehme an, jetzt wäre es ein Nein.“

„Das würde ich nicht sagen. Seit gestern Abend mache ich mir Gedanken über diese Situation. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass Paulus und Sarah das ….“

„Ja, ich weiß. Aber eins weiß ich.“

„Und was?“

„Das Johannes aus Scherz das getan hat, aber er weiß bloß nicht mit wen.“

„Was meinst du?“

„Paulus und ich waren auf einer Party. Sorry, Paulus, ich und Johannes waren auf einer Silvesterparty. Wir hatten sehr viel getrunken. Irgendwann meinte mein Freund, wir sollten eine Wette abschließen.“

„Okay und welche?“

„Das er die nächste beste Frau fragt, die ihn über den Weg läuft, ob sie ihn… . Du weißt schon.“

„Okay, ich verstehe. Du brauchst nicht weiter erzählen. Ich kann es mir schon denken. Was hat das jetzt mit uns zu tun?“, unterbreche ich ihn.

„Paulus wollte es aus Scherz gleich tun. Was Johannes tut, macht er auch. Gleichberechtigung, meinte er noch dazu.“

„Ja und dann?“

„Sie haben es getan und die Frauen waren sehr hübsch. Dann wurden die Frauen mitgenommen und wurden richtig hübsch gemacht. So wie das rote Kleid, was du auf den Foto getragen hast.“

„Du verarscht mich, oder?“

„Nein, ich glaube. Das seid ihr alle vier.“

„Ich muss mit Johannes sprechen.“

„Okay, dann fahren wir jetzt hin. Und frage ihn selber.“

„Ja, komm.“

Dann gehen wir gemeinsam zum Auto und fahren zu Johannes. Jakob grinst. Ich glaube, er will mich wirklich verarschen. Wenn beide im Raum sind, warum fühle ich einmal was, wenn ich bei Johannes bin und dann wieder bei Jakob. Zurzeit habe ich wieder Gefühle für Jakob. Aber was ist, wenn wir bei Johannes sind. Fühle ich dann noch etwas für Jakob? Jakob hält an und er öffnet mir die Tür. Anschließend klingeln wir. Granny öffnet und lässt uns rein. Johannes sitzt mal wieder auf den Sofa im Wintergarten und schaut raus. Ich betrete den Raum und Johannes dreht sich zu mir um. Jakob verschwindet im Nebenraum. Ich bin allein mit ihm. Er sieht mich immer noch an und fragt : „Schatz, willst du nicht näher kommen.“

Okay, seit wann sag er Schatz zu mir?

„Doch, ich komme zu dir?“

Ich gehe hin und bleibe vor ihn stehen. Jakob ist nicht zu sehen. Jetzt fühle ich mich wieder zu Johannes hingezogen.

„Willst du stehen bleiben oder pflanzt du dich neben mich?“

Dann setzte ich mich.

„Darf ich dich mal was fragen?“

„Ja, immer.“

„Kennst du die Fotos?“

„Welche Fotos? Meinst du das Foto?“

Johannes kramt ein Bild aus einen Buch und zeigt es mir. Jetzt bin ich endgültig geschockt.

„Heißt das…?“, will ich fragen und Johannes fährt mir ins Wort.

„Ja, glaube schon. Ganz ehrlich das hätte ich lieber nüchtern getan, weil…“

Jetzt unterbreche ich ihn.

„Weil du mich nicht liebst.“

„Wer sagt das denn?“

„Du?“

„Ich?“

„Nein, ich wollte nur sagen, so etwas tut man nur nüchtern und nicht im betrunkenen Zustand. Man will ja die Nacht auch miterleben, findest du nicht auch?“

„Du liebst mich?“

Er hebt die Schultern.

„Heißt das…“

„Ich weiß es nicht“, fällt er mir wieder ins Wort.„Ist der Liebesbrief von dir?“

„Ist der Liebesbrief von dir?“

Johannes nickt.

„Aber da steht, dass du mich liebst?“

„Ja, aber es ist nicht nur Liebe. Freundschaft, Vertrauen und alles was dazu gehört. Man kann es nicht in Worte fassen. Es ist viel mehr als nur Liebe. Für mich bist du mein Leben. Ich habe es sehr spät begriffen. An diesen Abend war ich so angeheitert und dann sah ich dich mit Samuel. Mir sind die Sicherungen durch gebrannt und sagte, die nächste Frau, die vorbei kommt, frage ich, ob sie mich heiratet.“

„Ja, und dann?“

„Wie es der Zufall will, warst du es.“

„Und?“

„Moritz hat gesagt, tue es.“

„Ich denke, du kannst dich nicht erinnern.“

„Kann ich auch nicht, wenn Moritz es nicht aufgenommen hätte.“

„Wer ist Moritz?“

„Der Freund von Paulus. Er meint, ich hätte sehr entschlossen gewirkt als ich dich fragte. Erst vor kurzen hat er mir das Video gezeigt. Wir haben den ganzen Abend darüber gelacht, wie die Leute es für bare Münze hielten. Jedenfalls hat Moritz dich und Sarah angezogen.“

„Woher hat der die Kleidung?“, unterbreche ich ihn.

„Er ist Designer und dann haben wir ein Fotoshooting gemacht, da sind dann diese Fotos entstanden. Samuel kochte wohl vor Wut, dass du meinen angeblichen Antrag angenommen hattest.“

„Hatte ich?“

„Ja, aber ich bin nicht sicher, ob du es ernst gemeint hast. Für mich war es ernst. Du hast nur gelacht und meintest, jetzt wärst du den Schnösel Samuel los.“

„Das hört sich so an, als ob ich dich nicht ernst genommen hast.“

„Hast du nicht, sagt Moritz. Aber es wäre schön, wenn du es auch ernst gemeint hättest.“

„Du meinst das Ernst, oder?“

„Ja, sehr sogar.“

Plötzlich kommt jemand rein und geht auf Johannes zu. Die Frau ist hübsch.

„So Johannes, die Zeit ist um. Länger kann ich die Verbindung nicht aufrecht erhalten. Gehe bitte wieder dahin, wo du momentan bist. Du darfst ihr nicht alles verraten.“

„Hallo?“

„JA?“

„Ich bin noch hier.“

„Das weiß ich. Eine Frage, wen liebst du Jakob oder Johannes?“

„Ich habe manchmal das Gefühl, dass Johannes und Jakob eine Person sind. Aber das ist Irrsinn. Jakob hat auch so eine komische Geschichte erzählt.“

Tadelnd sie Johannes an.

„Iva, verstehe doch. Ich liebe diese Frau“, erwidert er ihren Blick.

„Ja, aber warum bist du jetzt gerade woanders?“

„Fuck, dass weiß ich doch nicht.“

Es klopft. Jakob komm rein. Johannes sagt: „Ja, ich weiß. Ich wollte dir nur helfen, okay. Iva reißt mir gerade den Kopf ab.“

Jakob antwortet und die Stimme ist kalt. Ich kenne ihn so nicht.

„Ja, aber uns ist allen nicht geholfen, wenn du zu viel verrätst. Das Video gibt es, aber warum kann sie sich nicht daran erinnern. Hast du dich das mal gefragt? Bei dir kommt es sprunghaft mit den Erinnerungen. Du bist auf den richtigen Weg.“

„Jackolus“, ermahnt jetzt Iva. Wer verdammt ist Jackolus? Ich glaube ich spinne. Sind vielleicht Jackolus und Jakob Körper vertauscht worden. Und was ist mit Johannes? Steckt er auch in so einer Sache drin. Oh, Mann.  Iva sieht mich an.

„Du ahnst was?“

„Ja, glaube schon. Nochmal die Frage, wen liebst du?“

Ich sehe erst zu Jakob und dann zu Johannes.

„Ganz ehrlich, wenn Johannes wie Jakob aussehen würde, dann ist es okay. Lieber wäre es mir, wenn ich den alten Johannes wieder in die Arme schließen könnte. Zurzeit bin ich verwirrt und begreife nicht alles. Ich brauche Zeit.“

Nach diesen Satz nehme ich sprichwörtlich meine Beine in die Hand, renne an Granny vorbei und murmele immer vor mir her. „Ich liebe Johannes und nicht Jakob. Aber wie kann ich jemanden lieben, der nicht da ist.“

Jakob kommt hinter mir her und erreicht mich.

„Verstehst du jetzt mein Dilemma? Ich liebe dich, aber ich darf dich nicht so lieben, wie ich gerne möchte. Wir müssen es richtig biegen.“

Ich sehe ihn an und blicke in lange in seine Augen. Es sind die Augen von Johannes, aber das Gesamtpaket passt nicht. Irgendwas zieht mich magisch an und ich küsse ihn. Erst zaghaft und dann leidenschaftlicher. Ich sehe jetzt Johannes vor mir. Es war nie wirklich Jakob, den ich liebte. Sondern Johannes. Er löst sich von mir.

„Ja, ich verstehe. Aber wie kann ich dir helfen?“

Glaube an mich. Glaube an Weihnachtswunder. Nur das zählt. Vielleicht sollten wir uns eine Weile nicht mehr treffen bis wir eine Lösung gefunden haben. Wir werden uns nur beruflich auseinander setzen. Lass uns gemeinsam herausfinden, was wirklich zählt.“

„Jakob oder lieber Johannes? Du stehst als Jakob hier. Also werde ich dich so ansprechen. Es ist doch egal, wie man aussieht. Hauptsache ist doch, dass man sich liebt. Vielleicht war ja auch das Problem, dass Johannes sich von mir abgewendet hat. Er mich unbewusst schikaniert hat. Oder es hat etwas mit dir, Paulus, Moritz, Samuel, Johannes und Jackolus zu tun. Ich weiß immer noch nicht, wo ich den Namen Jackolus mal gelesen habe. Ach egal. Denke darüber mal nach. Wir lassen uns Zeit.“

„Vielleicht hast du recht.“

Dann verschwinde ich. Die Erkenntnis, dass die alle etwas miteinander zu tun hat, macht mich irre. Es wie in den Fantasyromanen, die ich lese. Aber gibt es das im wirklichen Leben auch? Verdammt, dass Leben ist kein Ponyhof oder war es Pferdehof. Oder bin ich etwas hineingeraten, wo ich überhaupt nicht hingehöre? Mein Telefon klingelt. Ich gehe ran. Sarah meldet sich am anderen Ende.

„Können wir reden?“, fragt sie mich.

„Ja, können wir.“

„Lass uns Lambada gehen. In einer Stunde?“

„Ja, könnte ich schaffen.“

Dann lege ich auf und rufe ein Taxi. Kurze Zeit später ist es da. Ich steige ein. Bloß weg von diesen Irrsinn.

Sarah und ich verbringen einen schönen Abend zusammen.

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