Sinn oder nicht Sinn?
Kapitel 1
Belinda
Mein Mann und ich unterhielten uns vor ein paar Tagen, ob wir oben den Dachboden von den Kinderklamotten befreien wollen. Irgendwie sträube ich mich dagegen, die Kindersachen von unseren Kindern wegzugeben. Ich finde, jedes Kleidungsstück erzählt eine Geschichte. Meinen Mann verstehe ich ja auch, was wollen wir mit der ganzen Kleidung? Bin ich etwa sentimental oder liegt es daran, dass meine Eltern alles aufgehoben haben? Sie lebten in einer anderen Generation. Wollen wir so sagen, sie lebten in einem Zeitalter, wo man lernte, die Sachen zu schätzen und für seine Kinder aufhob. In einer Zeit, wo es nicht so viel gab. Wir haben solche Zeiten nie erlebt und hoffe, wir erleben so eine Zeit nicht. Wenn man so in der Welt umschaut, sollte man sich die Frage stellen, sollen wir wieder horten? Ach ich weiß nicht. Ich gehe erstmal auf den Dachboden und sichte, was dort ist. Langsam steige ich die Treppe nach oben. Dort angekommen, öffne ich die Tür. Hier liegt allen Krams rum. Ich gehe zu den Säcken voll Wäsche. Nach und nach sichte ich, was weg kann. Vielleicht nicht alles, aber ein Teil davon. Oh da hängt mein Hochzeitskleid noch rum. Mein Kind hat mich gebeten, ich sollte es mal anziehen. Ob ich da noch reinpasste? Okay, schlank bin ich noch, aber die Kurven haben sich verändert. Ich probiere es bei Gelegenheit an. Aber nicht heute. Schon wieder diese Wörter. Bei Gelegenheit… Warum fallen mir diese Wörter immer wieder ein? Weshalb sage ich bei Gelegenheit? Wieso nicht jetzt? Mein dem Kleid muss ich mir für ein anderes Mal vornehmen. Heute ist mir nicht danach. Ich erinnere mich, als meine Freundin zu mir sagte, sie hätte ein anderes Kleid von mir erwartet. Hoch geschlossen und sehr weit. Oh mein ….. . Darüber denke ich nicht nach. Sie kennt mich noch nicht so lange. Ich habe sie kennengelernt als ich mit meinem Mann zusammenkam. Früher hatte ich mich immer sehr gestylt, aber seit ich damals einmal in der Disko von den einen Typ angemacht wurde. Ich darf da gar nicht dran denken. Jedenfalls, immer wenn ich alleine unterwegs war, trug ich Sachen, die mein Dekolleté und meine Beine verdecken. Ich zog mich nur anders an, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Der Typ hielt mich am Arm fest. Ich bat ihn, ihn loszulassen. Er tat es nicht. Irgendwann sagte ich, ich muss mal wohin. Da ließ er mich los. Boah, das war stressig. Nur weil meine Freundin Kathleen länger arbeiten musste. Also fuhr ich allein dorthin. Ich wartete fast zwei Stunden auf sie und sie kam nicht. Früher hatte ich noch kein Handy. Eigentlich hatten viele noch keine Handy. Jetzt würde ich sagen, es war eine entspannte Zeit. Nicht immer erreichbar zu sein. Heute geht alle paar Minuten der Messenger. Besonders diese Elterngruppen gehen einen auf den Keks. Die Fragen, die sie stellen, sind Pillepalle. Zum Beispiel wollen sie den Lehrer ein Geschenk zu Weihnachten machen. Leute, es ist der Job von denen. Ganz in Gedanken nehme ich den ersten Sack von der Kleidung und will ihn zur Tür hieven. Plötzlich stoße ich gegen eine Kiste. Na gut, es ist eher ein Pappkarton. Irgendwie macht mich das neugierig. Der Karton ist nicht beschriftet. Was da wohl drin ist? Ich knie mich auf den Boden und öffne den Pappkarton. Oh, das sind Bücher drin. Meine Güte was habe ich damals alles gelesen. Das hier sind nur Bücher über die Geschichte. Plötzlich taucht ein Buch auf, dass ich für Tagebücher genutzt habe. Ich klappe es auf und siehe da, es ist wirklich ein Tagebuch von mir. Ich blättere durch. Immer finde ich den Namen Dana. Jetzt bleibe ich an einer Stelle stehen, was mich wieder sauer macht auf sie. Dana und ich sind nur noch gute Bekannte. Befreundet bin ich nicht mehr mit ihr. Diese ganzen Verkupplungsversuche, gingen mir ganz schön auf den Keks. Aber das hier, was sie sich da geleistet hat, hat mich damals richtig sauer gemacht. Ich kann mich noch an den Tag erinnern. Mein Vater hatte Geburtstag und ich bekam ein Brief von einem Unbekannten. Okay, ganz unbekannt war er nicht, aber der Typ war überhaupt nicht mein Typ. Ich wollte nie was von den Typ. Damals hatte ich bewusst meine Adresse ihn nicht gegeben. Der war ganz schön nervig und peinlich. Wer hat Aaron bloß meine Adresse gegeben, fragte ich mich da. Zuletzt kam jedenfalls heraus, dass Dana ihn meine Adresse gegeben hatte. Ich hatte sie gefragt, wie sie dazu kommt, meine Adresse einfach weitergegeben. Hätte sie mich gefragt, hätte ich gesagt, dass ich nicht möchte, dass sie den Typ meine Adresse gibt. Ich dachte nur, sie hat es mal wieder getan. Immer wieder versucht sie mich zu verkuppeln. Sogar mit ihren Freund Jan wollte sie mich verkuppeln. Der Typ war ja ganz nett, aber mehr nicht. Ich glaube Jan, stand auf Carola. Jedenfalls seit wir mit ihr unterwegs waren, hatte ich das Gefühl, der Jan auf sie stand. Ich glaube, das hatte Dana bemerkt und versuchte verstärkt, mich mit Jan zu verkuppeln. Sie versuchte mich allen Kumpels irgendwie zu verkuppeln. Entweder Marten, Jonas oder wie erst der Typ. Meine Güte ist das anstrengend. Ich gebe mit meinen Gedanken ein paar Jahre zurück. Wohl gemerkt, es war an dem Tag, wo der besagte Brief eintrudelte.
Einige Jahr zuvor
Ich komme gerade nach Hause. Mein Vater hat Geburtstag. Gleich werden alle dort stehen und wieder nach einem Freund fragen. Wie ich das hasse. Meine zukünftige Schwägerin Bianca kam auf mich zu.
„Du hast einen Brief erhalten.“
„Von wen?“, frage ich sie.
„Anscheinend von einem Jungen.“
Bianca gab mit dem Brief. Ich sah auf den Absender. Ach, du heilige … ! Weiter wollte ich nicht denken. Wie kommt er an meine Adresse? Dana wollte unbedingt die Adresse geben. Ich will das nicht. Wenn ich jemand gut finde, gebe ich meine Adresse freiwillig. Nur weil ich gesagt habe, ich würde Jonas vor Jan bevorzugen. Wieso will sie mich mit einem Typ verkuppeln. Das was ich von Aaron gehört habe, ist nicht das Allerbeste. Nackt auf der Party tanzen. Aaron muss durchgeknallt sein. Also gut, ich öffne den Brief und lese. Wieder stelle ich mir die Frage, warum will sie mich mit den Typ verkuppeln. Der Brief hat gefühlt über 1000 Fehler. Na gut, es ist übertrieben. Ich weiß gar nicht, wie viel Wörter er geschrieben hat. Jedes Wort hat einen Fehler. Ich schüttle mich. So ein Typ kann mir gestohlen bleiben, der nicht mal „ich“ richtig schreiben kann. Was schreibt Aaron? Er hat sich in mich verliebt? Ich muss sagen, ich aber nicht. Du bist nicht mein Typ. Die Informationen, die ich von dir habe, machen es mir leicht, einfach nein zu dir zu sagen. Sorry, das ist mir etwas zu crazy. Nackt auf den Tisch zu tanzen. Ich versuche das jetzt zu ignorieren. Bianca kommt auf mich zu und sieht mich verdutzt an. Ich gebe ihr den Brief.
„Das ist doch süß. Ein Liebesbrief an dich.“
Darauf schüttle ich den Kopf und erkläre ihr, wie der Typ so tickt. Bianca verdreht die Augen und sagt: „Ich verstehe dich ganz gut.“
Anschließend wandert der Brief in den Papierkorb, damit keiner ihn findet.
Einige Tage später telefoniere ich mit Dana.
„Sag mal, wie kommst du darauf meine Adresse weiterzugeben?“, blöke in den Hörer.
„Aaron wollte dir unbedingt schreiben. Der Typ ist verknallt in dich.“
„Aber ich nicht in ihn. Sorry, dass ist ein durchgeknallter Typ. Habt ihn vielleicht ermutigt?“, frage ich ärgerlich.
„Na ja…“
„Was Dana?“
„Aaron ist so ein netter Typ.“
„Und das berechtigt dich, ihn mir auf den Hals zu hetzen. Wie war das denn mit Otti und Maxi?“
„Was soll damit sein?“
„Erinnerst du dich noch an Paris?“
„Ja, klar.“
„Maxi ist dein Nachbar und der Typ steht auf dich. Was machst du? Du lässt ihn abblitzen und wolltest ihn mit mir verkuppeln. Es geht mir tierisch auf den Keks. Ich habe dir schon mehrmals erzählt, dass ich nicht verkuppelt werden will.“
„Aaron mag dich?“
„Das ist mir doch egal, er ist eindeutig nicht mein Typ.“
„Klar, ich weiß. Jonas ist dein Typ. Der will nichts von dir.“
„Jonas ist nett, aber mehr nicht.“
„Ja, ja. Du stehst auf ihn.“
Was eigentlich nicht stimmt. Ich habe das nur gesagt, weil mich erst mit Jan und dann Marten verkuppeln wollte. Spontan habe ich dann gesagt, dass ich Jonas toll finde. Ich wollte meine Ruhe haben. Ich weiß doch, dass Jonas nichts von mir will.“
„Ach lass mich in Ruhe“, schreie ich noch und knalle den Hörer auf.
Wieder zurück auf den Dachboden.
Jonas war nett. Ich wusste damals schon, dass der Typ nicht auf mich stand. Mit der Zeit redete ich mir ein, dass Jonas mich mochte. Nur weil Dana immer hinter mir stand. Ich wollte nur mit ihn befreundet sein, mehr nicht. Etwas störte mich an seiner Art. War er arrogant. Später als ich ein Foto von ihn und seiner Frau sah, stellte ich eine Ähnlichkeit mit mir fest. Haarfarbe und Haarlänge waren wie meine. Hat der Typ doch auf mich gestanden? Warum hat er auf den Brief nie was gesagt? Meine Kinder rufen, dass sie wieder zuhause sind. Also gehe ich runter und nehme mein Tagebuch mit. Vielleicht verstehe ich dann alles, was in den Jahren passiert ist. Es sind einfach zu viele Dinge in der Zeit geschehen, die mir immer wieder zu denken geben. Ich musste nicht wie die anderen, immer einen Typen nach den anderen haben, war nichts für mich. Es musste einfach passen. Es gab Freunde, die sich an jeden Typ Interesse bekundeten. Eine Freundin hatte sich sogar mit ihren Macker gestritten und ich sollte sie abholen. Ich hatte kein Auto, weil ich es mit meinem Vater geteilt hatte. Freunde von mir wollten zu mir kommen und wir wollten was unternehmen. Ich kann doch meine Freunde nicht fragen, die meine Freundin nicht kannten, dass sie meine Freundin bei ihren Macker abholen. Ich bin immer der Meinung, man fährt immer selber. Damit, wenn es Streit gibt, die Biege machen kann. Jedenfalls hatten sie sich versöhnt und in der Nacht wurde meine Freundin schwanger. Die Vorwürfe, ich wäre schuld daran, wollte ich mir nicht geben. Sie hätte ja mit ihrem Freund nicht ins Bett hüpfen müssen. Einige Jahre später hat ihr Mann meinen Mann sie angeboten. Der Typ wollte frei sein. Verstehen tue ich es schon. Jung Vater zu werden, hat ihn dazu gebracht. Zum Glück stand mein Mann nicht auf sie. Jedenfalls erzählte er mir eines Tages mal, dass sein Freund ihn gefragt hat, ob er sie nicht als Freundin haben möchte. Sind wir auf einen Basar? Tauschgeschäfte oder was? Mein Mann sagte, er wollte sie nicht. Zum Glück. Ich bin jetzt unten und schließe meine Kinder in die Umarmung.
„Schön, dass ihr wieder da seid. Ich habe euch vermisst.“
Kurze Zeit später betritt mein Mann Marvin das Haus. Er beugt zu mir und mein küsst mich. Schön, dass es meine Familie gibt. Vielleicht musste ich das alles durch machen, damit ich meinen Seelenverwandten finden konnte.