24 Tage
bis
zur Entscheidung
Tag 20
Johannes war gestern noch hereingeschneit und jetzt sitzen wir hier immer noch in Dunkeln. Er sitzt an meinen Rücken. Wir sehen uns nicht an und sitzen auf den Boden. Es hört sich für ausstehende vielleicht verrückt hat, aber es war die beste Idee von allen. Als er das vorgeschlagen hatte, dachte ich, Johannes wäre verrückt. Ich muss gestehen, es hat funktioniert. Wenn ich ihn sehe, hätte ich immer gedacht, Jakob steht vor mir. Jetzt im Dunkeln lausche ich seiner Stimme und ich habe das Gefühl Johannes sitzt mir am Rücken, dass er wirklich hier ist. Erst führten wir eine Unterhaltung und dann hatten wir beschlossen, uns mit den Händen festzuhalten. Jeder sollte sich den anderen vorstellen. Johannes sagt auch nicht Florentine zu mir, sondern Sophie. Er meinte, so könnte er sich an den Namen besser gewöhnen.
„Johannes?“
„Ja?“
„Hast du geschlafen?“
„Nein, du?“
„Nein, ich konnte nicht schlafen?“
„Ging mir genauso. Zu wissen dass du da bist, reicht mir aus. Dich zu berühren, gibt mir die Gewissheit, es ist real!“
„Warum bist du eigentlich wirklich gekommen?“
„Ich wollte mit dir reden und dann…“
„Was dann?“, will ich wissen.
„Sophie, der Hauptgrund war, dass ich bei dir sein wollte. Die anderen Gründe sind gar nicht so wichtig. Unsere Unterhaltung hat mir nur bestätigt, was ich schon immer wusste.“
„Und was? Höchstwahrscheinlich, dass wir nicht zusammen passen.“
Seine Körperhaltung ändert sich und seine Wärme verlässt meinen Rücken.
„Johannes, was ist los?“
„Weshalb denkst du das?“
„So wie du mich ein Jahr vor deinen Verschwinden behandelt hast. Und der Brief war doch nur Fake.“
Jetzt sagt er nichts mehr. Es liegt Stille vor mir. Ich muss alles wohl alles verderben. Plötzlich hält mir Johannes die Hand hin. Ich nehme sie und er zieht mich hoch. Dann gibt mir Johannes zu verstehen: „Nein, ich denke was ganz anderes. Es hat mir nur bewiesen, dass ich recht hatte. Wir sind Seelenverwandte auf ganzer Linie. Unser Gespräch war eine Bestätigung meiner Gefühle für dich.“
„Wie soll ich das verstehen? Du siehst mich als Freund und nicht mehr?“
„Meine Gefühlschaos hat einen Namen und wenn ich richtig liege, ist dein Gefühlszustand derselbe. Bis heute Nacht, war mir nicht wirklich klar, was du für mich fühlst. Ich kann nicht ohne dich sein, weil ich dich liebe. Wenn ich darüber nachdenke, können deine Gefühle ähnlich sein oder täusche ich mich etwa? Bilde ich mir etwas ein, was es nicht gibt?“
„Nein, ich liebe dich auch. Meine Gefühlswelt ist plötzlich im Einklang mit der Liebe?“
„Häh?“
„Ich dachte, du hast mich nur geküsst, weil ich unter den Mistelzweig stand.“
„Nein, nicht deshalb. Nur eine Gelegenheit um dich zu küssen. Wie hätte ich mich sonst vor der Presse rechtfertigen können. Offiziell war ich ja für die Presse noch mit Judith zusammen, aber mein Herz gehörte schon seit den ersten Tag dir. Und der Kuss vor deiner Haustür? Da war keine Presse und kein Mistelzweig. Wenn ich daran erinnern kann. Ich wollte dich immer wieder küssen. Erst musste ich den Weg freiräumen für dich und mich. Falsche Hoffnungen wollte ich dir nicht machen. Immer diese Regeln, dass man mit seiner Assistentin nichts anfängt, war sehr präsent. Unsere gemeinsame Zeit an Silvester ist mir nur wage in Erinnerung. Ich hatte mich wegen dir betrunken. Egal was ich tat, ich kam nicht auf den grünen Nenner. Moritz war relativ nüchtern und drehte diese Videos. Er wollte mir und Paulus zeigen, wie vernarrt wir in unsere Assistentinnen waren. Jedenfalls als er mir sie zeigte, war ein Jahr vorbei. Ein Jahr, wo ich dich merkwürdig behandelt hatte. Du musstest denken, ich hätte dir nur was vorgespielt und anschließend abserviert. Immer wieder hatte ich den Gedanken weggewischt, dass aus uns noch was werden kann. Ich darf es nicht tun. Florentine hatte einen Freund. Ich darf die Beziehung nicht zerstören. Es war Selbstschutz. Was falsch war. Meine Gedanken gingen nur um dich. Dann bekam ich mit, dass du gar keinen Freund hattest. Er nur ein guter Kumpel war. Ich war in der Zwickmühle, weil ich versucht hatte, meine Gefühle zu ignorieren und man kann auch sagen, sie nicht zu zulassen. Als ich das Video sah, war es ein Schock. Ich erkannte, du hast dich an den Abend offenbart. Es war ein halbes Jahr vorher, als ich das eine Video von Moritz bekam als ich ihn am Neujahr getroffen hatte. Kurz nachdem ich dich zuhause abgeliefert hatte. Er hatte es aufgenommen, als er mich abholte. Paulus schlief im Auto. Ich sagte nur, sie hat gar keinen Freund und muss eine Lösung finden. Moritz sagte, er hätte alles dokumentiert. Das Video zieht er auf einen USB-Stick und schickt es mir. Leider bekam dann merkwürdigerweise einen Auftrag, den er in Mailand hatte. Wir konnten uns nicht sehen. Jedenfalls wollte er diese Videos nicht per Post schicken. Es war wie verhext. Hätte ich es eher gewusst, hätte ich dich nie ignoriert oder sonst der gleichen?“
„Nein?“
„Nein! Weißt du was ich jetzt möchte?“
„Keine Ahnung.“
„Ich würde dich gerne küssen. Darf ich es?“
„Tue dir keinen Zwang an.“
Dann beugt er sich zu mir und küsst mich. Es ist nicht Johannes und löse mich von ihn. Ich entscheide jetzt, dass ich es nochmal probiere. Also küsse ich ihn nochmal. Plötzlich fühlt sich es wie Johannes an. Ich greife in seine Haare. Fuck, es ist Johannes. Nach dieser Feststellung gehe ich einen Schritt zurück.
„Wir sollten wo anders weitermachen?“
„Ich verstehe nicht?“, erwidert er.
„Du wirst es sehen. Nimm meine Hand.“
Johannes nimmt meine Hand und ich ziehe ihn ins Schlafzimmer.“
„Wir dürfen es nicht.“
„Warum nicht Johannes?“
„Ich bin im Körper von Jakob.“
„Warte hier. Ich mache das Licht an.“
„Tue es nicht, du verdirbst alles.“
„I wo.“
Ich lasse mich nicht beirren und bewege mich Richtung Lichtschalter. Er will mich daran hindern, aber er schafft es nicht. Wenn Johannes denkt, er kommt so durch. Pustekuchen. Ich zeige es ihn. Als ich am Lichtschalter bin, drücke ich drauf. Jetzt drehe ich mich um und sehe Johannes vor mir.
„Schau in den Spiegel.“
Er wendet sich zum Spiegel und ist verwirrt.
„Wie kann das sein? Iva hat gesagt, ich würde nur einmal gehen. Warum hat sie mich angelogen?“
„Vielleicht weißt sie es nicht besser oder wir haben einen Weg gefunden, den Fluch zu durchbrechen.“
Jetzt kommt er auf mich zu und küsst mich. Ich erwidere den Kuss und anschließend ziehen wir uns aus. Johannes trägt mich zum Bett und legt mich sanft hinein. Dann lieben wir uns. Ich verstehe es nicht ganz, aber es ist einfach gut. Nach einiger Zeit schlafe ich ein, weil ich weiß, dass ich heute noch zur Arbeit muss.
Ich wache auf und Johannes ist nicht mehr da. Es liegt ein Zettel auf meine Kopfkissen.
Liebe Sophie!
Es war wunderschön mit dir. Aber ich muss los.. Wir hätten es nicht tun sollen, bis wir wissen, was es zu bedeuten hat. Ich muss Iva fragen, warum wir plötzlich wieder wir selbst sind. Als ich heute Morgen im Spiegel sah, war ich nicht mehr Johannes, sondern Jakob. Ich wollte dir den Anblick ersparen. Du sollst nicht denken, ich habe es ausgenutzt. Ich liebe dich wirklich. Ich weiß nicht, wer ich bin? Warum kann ich zwischen den Körper hin- und herspringen? Dieses Rätsel muss ich lösen. Bleibe bitte heute zuhause.! Ich werde Paulus in Kenntnis setzen, dass du heute von zuhause arbeitest. Sagen wir Home Office für heute. Ich werde ihn erklären. Wenn ich dich heute ständig sehe, dann werden die Bilder vor meinen Augen lebendig. Ich würde dich immer wieder küssen wollen. Aber ich weiß nicht, welche Auswirkungen es für den weiteren Verlauf ist. Meine Befürchtung ist, dass ich dann immer in Jakob Körper fest sitze. Wie soll ich Jakobs Frau erklären, warum ich nicht der bin, den sie meint. Es ist total verwirrend-
Dein Johannes.
Das ist echt super. Hätte er es mir nicht persönlich sagen können. Ich sehe auf die Uhr. Es ist gleich acht Uhr. Mein Telefon klingelt. Ich gehe dran. Paulus ist am anderen Ende. Er sagt, dass es heute erst mal besser ist, wenn ich von zuhause arbeitet bis Johannes mehr weiß. Ich kann nur antworten, dass es für mich okay ist. Sarah bringt mir meinen Laptop, damit ich arbeiten kann. Sie würde in einer halben Stunde bei mir erscheinen. Dann legt er auf. Es wird immer eigenartiger und verrückter. Wo soll das nur hinführen? Eine halbe Stunde später klingelt es an der Tür. In der Zwischenzeit habe ich geduscht und angezogen. Sarah steht davor. Ich öffne.
„Hier ein Kaffee für dich.“
„Danke.“
Meine Kollegin setzt sich auf mein Sofa. Dann fängt sie an zu sprechen.
„Sag mal, warum schickt dich Paulus ins Home Office?“
Wieso Paulus? War es nicht Jakob bzw. Jakob?, schießt es mir durch den Kopf. Also kommt meine Antwort prompt.
„Johannes wollte, dass ich zuhause bleiben. Er möchte mir heute nicht über den Weg laufen?“
„Häh? Habt ihr Stress?“
„Nein, es ist nur was passiert. Wir wissen nicht, was das zu bedeuten hat.“
„Was ist denn geschehen?“
„Sarah, ich kann es dir nicht sagen. Es ist einfach kompliziert. Ich verstehe es ja auch nicht.“
„Okay, also ich gehe jetzt wieder. Viel Spaß beim Home Office.“
„Werde ich haben.“
Dann geht sie und ich setzte mich an meinen Laptop. Ich sehe meine Mails an. Eine Mail ist von Paulus. In Betreff steht Home Office Aufgaben.
Hallo Florentine!
Du machst heute nichts. Ich habe Sarah nur unter einen Vorwand zu dir geschickt. Bevor er zu seinen Eltern gefahren ist, hat er mir erklärt, was passiert ist. Nicht alles, nur dass er plötzlich in deiner Nähe Johannes war.
Ich hoffe es ist für ich in Ordnung. Sarah wollen wir noch nichts von den neuen Entwicklungen verraten. Ich musste es Jakob (Johannes) versprechen, dass ich schweige. Das Johannes in Jakobs Körper steckt ist immer noch für mich verwirrend. Aber wenn du etwas tun möchtest, könntest du die Mail beantworten. Vielleicht längt dich etwas ab. Ich habe dir die passenden Ordner auf deinen Rechner geschoben, damit du sie bearbeiten kannst. Aber wie kann Johannes zwischen den Körpern springen. Langsam wird es mir unheimlich. Dir bestimmt auch. Ich melde mich, wenn Johannes sich meldet. Wir hören uns.
Paulus
P.S. Ich glaube es ist für dich genauso verwirrend, wie für mich und Johannes. Du wirst bestimmt keinen Kopf für die Arbeit haben. Sarah würde versuchen herauszubekommen, was mit dir los ist. Aber Johannes hat gesagt, es sollen so wenig wissen, wie möglich.